Haushaltsrede zum Haushalt 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Oestringer, Herr Erster Beigeordneter Altenberger, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, sehr verehrte Gerlinger Bürgerinnen und Bürger.

Selten war ein Haushalt so gut vorberaten wie dieser für das Jahr 2022. Wir hatten schon letztes Jahr mehrfache Beratungen – gingen und gehen doch unsere Gewerbesteuereinnahmen drastisch zurück und gleichzeitig sind unsere Ausgaben auf Rekordhöhe.

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an unseren Kämmerer Herrn Britsch und seinem Team für die ausführliche Ausarbeitung und Darstellung unserer Finanzen und auch für seine oft deutlichen Worte, was machbar ist und was nicht mehr.

Wir wollen dieses Jahr Investitionen in Höhe von 38 Mio. € tätigen, wovon rund die Hälfte Ermächtigungsübertrage aus 2021 sind, also nicht in den Haushaltsplan 2022 gehören. Dennoch lassen sie unser Liquiditätspolster gewaltig abschmelzen.

Der Großteil der Investitionen entfällt auf die Fertigstellung der Sporthalle in den Breitwiesen in Höhe von gut 5 Mio. € – inklusive der Neuordnung des Parkplatzes an der Jakob-Bleyer-Straße und auf die Weiterführung der Sanierung der Realschule, wofür dieses Jahr Ausgaben in Höhe von insgesamt 16,6 Mio. € geplant sind und für 2023 nochmals 2,75 Mio. € (wenn’s reicht). Wir können gar nicht anders, als die Baustellen fertig zu machen und die Leistungen zu bezahlen.

Wenn dann die Anzahl der Lehrkräfte im gleichen Verhältnis wie die Quadratmeter Unterrichtsfläche im Vergleich der alten Realschule zur neuen Realschule erhöht werden, haben unsere Kinder auch echt was von den diesen Investitionen – getreu der Formel: Kleiner Klassen = bessere, individuellere Betreuung = höherer Lernerfolg.

Ein weiterer großer Teil unserer Ausgaben sind Investitionen in unsere Infrastruktur: Kanal- und Wasserleitungssanierungen und -auswechslungen, Breitbandverkabelung, Strom- und Gasleitungserneuerung, aber auch Leerrohre für künftige Leitungen welcher Art auch immer. Dazu kommt natürlich der Straßenerhalt bzw. -erneuerung.

So sind für die Sanierungen der Goethestraße 861.000 € und im Missenharterweg 841.000 € verplant, für die Stützmauer in der Panoramastraße 575.000 €, der Maximilian-Kolbe-Platz 775.000 € und den Platz am alten Schulhaus mit 330.000 € – diesen konnten wir letzte Woche schon einweihen. Unsere große Hoffnung bei diesen beiden Plätzen und auch bei den Gehwegen an der Ditzinger Straße ist, dass sich das ausgesuchte Pflaster nicht wieder innerhalb weniger Jahre in Stolperflächen verwandelt. Von denen haben wir schon und noch genug in Gerlingen.

Für dieses Jahr ist auch die Sanierung des Regenüberlaufbeckens (RÜB) Aischbach für 870.000 € geplant – für die folgenden Jahre sind für die anderen Becken 2,25 Mio. € veranschlagt. Dieses Geld könnte man sich auch sparen: keiner sieht’s, da die RÜBs unterirdisch sind, keiner merkt’s – bis es für eine Sanierung zu spät ist und ein Neu- bzw. Ersatzbauwerk ein Mehrfaches der Sanierung kostet. Deshalb sind die Ausgaben für die Infrastruktur gut angelegtes Geld – auch wenn damit Herr Kimmerling als Leiter der Tiefbauabteilung einen der „teuersten“ Arbeitsplätze der Stadt Gerlingen hat.

Die Personalkosten unserer Stadt sind mit 18,25 Mio. € kalkuliert, gut 300.000 € weniger als letztes Jahr. Nicht weil wir sparen, sondern weil manche Stellen mangels geeigneter Bewerbungen nicht oder nur verzögert wieder besetzt werden können.

Auch diese Personalkosten sind gut angelegtes Geld – hier ein großes Lob an alle engagierten städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber auch diese Euros müssen zuerst eingenommen werden, bevor sie ausgegeben werden können.

Zum Schluss bleibt zu sagen: Unser Liquiditätspolster schmilzt dahin, auch wenn Ende 2022 vermutlich noch mehr Geld auf der hohen Kante liegt als ursprünglich geplant. Einfach weil die Zeit schneller vergeht als die Umsetzung unserer Vorhaben. Wir haben einen genehmigungsfähigen Haushalt – allerdings nur, weil wir noch von den Rücklagen der vergangenen Jahre zehren können.

Wir Freie Wähler Gerlingen stimmen dem Haushaltsplan 2022 zu, auch wenn es mir persönlich so schwerfällt wie noch nie.

Die politische Lage ist so unsicher wie noch nie in den vergangenen 50 Jahren. Keiner konnte sich vorstellen, dass in Europa, 1.000 km von uns entfernt, ein absolut anlassloser und sinnloser Angriffskrieg von einem größenwahnsinnigen Despoten, der sich die furchtbarsten Gestalten des vergangenen Jahrhunderts zum Vorbild genommen hat, begonnen wird.

Der Ausgang dieses Krieges und die direkten und indirekten Auswirkungen auf uns – sind noch vollkommen ungewiss.

Das beginnt mit enormen Preissteigerungen für Energie und Material – sofern man es überhaupt bekommt -, geht weiter mit einer bis jetzt noch nicht absehbaren Flüchtlingssituation und den daraus entstehenden Aufgaben und Ausgaben und hört mit der Gefahr einer Ausweitung dieses Krieges noch nicht auf.

Somit besteht leider die Gefahr, dass dieser Haushaltsplan schon in wenigen Wochen oder Monaten reine Makulatur ist. Deswegen gilt mehr denn je: Wir müssen haushaltstechnisch „auf Sicht“ fahren!

Ich danke Ihnen

Für die Freien Wähler

Martin Maisch